Trail auf der grossen Seidenstrasse in Kirgistan - ein illustriertes Reisetagebuch
Das Gebirgsland Kirgistan oder Kirgisien liegt auf halbem Weg zwischen Paris und Tokio in Zentralasien. Das 199'900 km2 grosse Land grenzt im Norden an den Kasachstan, im Südosten an China, im Westen an Usbekistan und im Südwesten an Tadschikistan. Mehr Informationen unter www.wissen.de (Länder/Reisen/Kulturen - Suchbegriff "Kirgisien").
16. August 2004
Zürich - Frankfurt - Almaty (Kasachstan). Mit dem Flugzeug sind wir
insgesamt ca. 7 Stunden unterwegs. Ankunft kurz vor Mitternacht. Wir werden von
Abdi, dem Dolmetscher und Sascha, dem russischen Chauffeur abgeholt. Abdi ist
Kirgise, hat Politologie studiert und spricht sehr gut Deutsch. Wir sind eine kleine Gruppe von vier
Touristen - Irene, Kristina, Hanspeter, Karin. Die Reise im Kleinbus von Almaty
nach Bishkek dauert vier Stunden. Die Strasse ist eine Piste mit Steinen,
Schlaglöchern, Gräben und natürlich unbeleuchtet. Sie führt durch die Dunkelheit
der kasachischen Steppe und die Fahrt ist etwas unheimlich....
Die Nacht ist warm, 26°C. Die kasachischen Zöllner an der kirgisischen Grenze
nehmen es genau. Man wird fotografiert und darf warten. Morgens um 4 Uhr kommen
wir im Hotel Pinara in Bishkek an und dürfen bis 9 Uhr schlafen und duschen. In
den nächsten zehn Tagen werden wir kein Badezimmer mehr sehen.
17. August 2004
Um 10 Uhr fährt uns Sascha mit Abdi durchs heisse Bishkek (30°C). Viel Verkehr,
die ganze Stadt ist mit Alleen durchzogen, sehr grün und sehr weitläufig.
Ueberall kleine Läden und Strassenverkauf von Getränken, Melonen, Gemüsen,
Früchten. Die Menschen sind sehr nett und zugänglich - russisch sollte man
können - aber Abdi übersetzt gerne. Mit Deutsch und Englisch kommt man hier
nicht weit. Gegen Abend, nach sieben Stunden Fahrt mit
dem Kleinbus erreichen wir unseren Trail-Ausgangspunkt, das sog. "Basislager" am
Barskoon-River auf ca. 1900 m Höhe. Hier verbringen wir die erste Nacht im Zelt.
Bewirtet werden wir im Häuschen unserer kirgisischen Gastfamilie von Atyrkan,
der Mutter unseres Reitführers und Dshehnbay, ihrem Ehemann. Wir sitzen um das
reichlich gedeckte Tischtuch nach alter kirgisischer Art am Boden und lassen es
uns schmecken. Wodka gibt's zum Akklimatisieren.
18. August 2004
Unsere erste Begegnung mit den Pferden. Es sind alles Hengste, Pferde werden
hier nicht kastriert. Sie sind etwas mager, machen aber einen zähen Eindruck.
Dies bestätigt sich auf dem 2stündigen Proberitt. Nach einem reichhaltigen
Mittagessen reiten wir los durch die Barskoon-Schlucht am gleichnamigen Fluss
entlang bis zum Camp. Hier gibt es das einzige Lagerfeuer der Reise, weil es hier noch
Bäume hat.
19. August 2004
Wir verlassen die Schlucht von Barskoon und überqueren unseren ersten Pass auf
3754 m Höhe. Dann beginnt es zu regnen, es hat Nebel und der Wind bläst von
allen Richtungen. Es sollte unsere erste und letzte Schlechtwettererfahrung auf
diesem Trail sein. Alle folgenden Trailtage waren absolut sonnig. Aber an diesem
19. August heisst es durchhalten, denn auf dieser Höhe wird es auch kalt; die
Handschuhe sind nass und die Finger durchgefroren. Im Camp im Arabel-Tal auf
fast 3900 m Höhe erwarten uns die Zelte und eine heisse Suppe. Die Nacht verbringen
wir mit erhöhtem Puls und schlafen nur in Etappen.
20. August 2004
Sonne, Wind und Wolken begleiten uns heute. Wir reiten durch das Arabel-Tal und
überqueren den 4028 m hohen Suiok-Pass und gelangen ins Karasai-Tal. Vorbei an
Gletschern und Hochgebirgsseen erreichen wir unser Camp am Fluss. Unterwegs
treffen wir auf eine verwilderte Pferdeherde. Der Hengst kommt schnell näher und
Nurbek, unser Reitführer macht kehrt und rast im Galopp auf die nahe Hügelkette
zu. Ueberrascht folgen wir ihm - er hält an, steigt ab und sammelt grössere
Steine und geht zu Fuss dem Hengst entgegen. Der Hengst ist gar nicht begeistert
über unsere Anwesenheit, sind unsere Trailpferde doch alles auch Hengste. Er
schnaubt und wiehert und stampft aggressiv auf den Boden. Nurbek schreit ihn an,
wirft Steine und schafft es schliesslich, ihn zu verscheuchen. Zum Glück sind
unsere Pferde ruhig geblieben...
21. August 2004
Hier wird alles mit Wodka behandelt. Bei Durchfall Wodka mit Salz. Zur
Höhen-Akklimatisation Wodka pur. Zur Behandlung von Prellungen Wodka-Kompressen.
Man gewöhnt sich an alles. Heute ist ein kurzer, entspannter Reittag bei
strahlendstem Wetter. Es ist so warm, dass wir uns mal im Bächlein waschen
können!
22. August 2004
Auf dem Beletek-Pass, 3725 m, sehen wir in der Ferne den chinesischen
Grenzposten. Das Panorama ist überwältigend. Die Mittagsrast wird kurz - ein
Sturm kommt auf und es schneit, regnet und hagelt. Nach 30 Minuten ist der Spuk
vorbei und die Sonne ist wieder unser Begleiter. Wieder begegnen wir einer Herde
mit Stuten und Fohlen. Kein Hengst dabei. Wir verscheuchen die Tiere, als sie
uns folgen wollen.
23. August 2004
Heute treffen wir auf echte Jäger, solche, die von der Jagd leben. Gejagt werden
Murmeltiere und deren Felle verkauft. Die Jäger begleiten uns ein Stück. Einige
Zeit später treffen wir sie wieder bei unserer Mittagspause. Sie werden
eingeladen und zeigen stolz Karabiner und Schrotflinte. Auf einem sehr steinigen
Abschnitt gelangen wir über einen namenlosen Pass und vor uns liegt ein grünes
Tal, in der Ferne begrenzt durch Schneeberge und auf der Wiese weiden ca. 400
Schafe. Den Schafhirt treffen wir im Camp wieder, dort steht seine Jurte.
Er lädt uns ein zu Brot, Sahne und Tee und stellt uns seine Tochter vor. In der
Jurte ist es warm und gemütlich; geheizt wird mit Schafdung.
24. August 2004
Wir reiten 30 km durch das Arabel-Tal und gelangen wieder an den Ort, wo die
eine Strasse nach Barskoon führt, die zweite zur Kumtor-Goldmine und die dritte
zum Sujok-Pass, welchen wir am 20. August überquert haben. Wieder Sonne pur.
25. August 2004
Unser letzter Reittag im Hochgebirge. In ca. 2 Stunden erreichen wir den Pass,
welcher in die Barskoon-Schlucht führt. Auf der Passhöhe übergeben wir die
Pferde an Nurbek, Nurdal und Alik. Sie werden von den Burschen die endlos lange
Passstrasse hinabgeritten. Wir dürfen uns wieder an den Luxus der Zivilisation
gewöhnen und werden im alten Laster chauffiert. Abends gibt es im Haus von
Atyrkan wieder ein kirgisisches Nachtessen, Kristina hat Geburtstag, dies wird
ausgelassen gefeiert, Wein und Wodka fliessen in Strömen und ein Trinkspruch
folgt dem anderen.
26. August 2004
Wir verabschieden uns von Wolodja und der Crew und treffen Sascha, unseren
Chauffeur mit Kleinbus wieder. Um ca. 17 Uhr erreichen wir Bishkek. Im Hotel
Pinara erwartet uns die Dusche.....
27. August 2004
Abdi zeigt uns Bishkek. Auffallend sind die unzähligen Baumalleen und
Grünanlagen. Da lässt sich die Hitze gut ertragen, denn es ist über 30°C im
Schatten. Das Kunstmuseum enthält Werke zeitgenössischer, kirgisischer Künstler,
sowie kirgisisches Kunsthandwerk - Filzdecken, Teppiche, Sättel, Schmuck und
Gebrauchsgegenstände. Die sozialistische Kunst ist im Keller
gelagert....Anschliessend besuchen wir eine Buchhandlung - wahrscheinlich die
einzige (?) und beste in der Stadt. Wir kommen uns vor wie Analphabeten. Das
Highlight des Tages ist der Besuch im Hippodrome. Dort finden im Vorfeld des
Tages der Republik am 31.8.04 Reiterspiele statt. Kok-Boru, ein wildes
Reiterspiel mit 2 Mannschaften zu Pferde, welche einen 30 kg schweren
Ziegenbockkadaver ins feindliche Tor werfen sollen. Ein Kampfgerangel, das
diesen Breitengraden voll entspricht. (Bei uns käme der Tierschutz). Wir schauen
3 Matches China gegen Tadschikistan und fahren danach auf den Markt, wo wir uns
mit Gewürzen und Souvenirs eindecken.
27./28. August 2004
Wir sind unterwegs von Bishkek nach Almaty. Es ist wieder eine Horrornachtfahrt
durch die kasachische Steppe über Schotterpisten mit deftigen Schlaglöchern,
vorbei an liegen gebliebenen Bussen, Lastwagen und Autos.
Es war eine Abenteuerreise in eine fremde Kultur; körperlich anstrengend,
zugleich sehr entspannend. Wir hatten eindrucksvolle Begegnungen mit den Nomaden
des Hochlandes. Pro Tag legten wir zu Pferd ca. 25 bis 30 km zurück. Die
kirgisischen und russischen Sättel sind mit einem Schlafsack gepolstert und
somit sehr bequem. Die Pferde sind für europäische Verhältnisse eher mager,
dafür extrem ausdauernd, trittsicher und gutmütig. Das Hochgebirge des
Tien-Schan bietet Natur pur, einmalige Landschaften und weites Land. Die
Zivilisation und unser komplexes, mitteleuropäisches Leben haben wir in diesen
Tagen im Hochgebirge weit hinter uns gelassen.
Von links nach rechts:
Pferd eines Nomaden
Abendstimmung I
Abendstimmung II
Ein Nomade und seine Tochter
Kirgisische Murmeltier-Jäger
Schafherde im Hochland
Der Schafhirt....
.....und seine Tochter
Reiseveranstalter:
www.pferd-reiter.de und Kyrgyzintertrek,
Bishkek
Literatur:
"Kirgistan entdecken", von Thomas Scholl. ISBN 3-89794-028-0
Links:
http://www.kyrgyz-web.com/amazon/amazon.php?index=41
Tschingis Aitmatow, 1928 geboren, gehört zu den
meistgelesenen Autoren der Welt. In seinen mit hohen Preisen ausgezeichneten
Romanen und Erzählungen zeigt der kirgisische Autor, der sein Land seit vielen
Jahren als Botschafter in Brüssel vertritt, die problematische Beziehung
zwischen den alten Traditionen kirgisischer Nomaden und der modernen Geschichte.
Seine schönsten Erzählungen spielen in der einsamen Weite Kirgisiens.
http://www.h-k-kuehn.de/aita.htm
Ein Bilderzyklus von Mensch, Tier und Landschaft
Fotografisches Essay zu Tschingis Aitmatow